Vom Myzel zur Mode: Wie ‘Mushroom Muse’ aus Pilzleder im ORF-Rampenlicht landeten
Die Reise von einer Idee bis zu einem fertigen Design ist oft lang und voller spannender Wendungen. Für mich erreichte diese Reise einen besonderen Höhepunkt im August 2024 in Wien: Was als intensive Forschungsarbeit für meine Bachelorarbeit “Mycelium Interwoven: The Networked Future of Mushrooms and Fashion” begann, führte zu einer wunderbare Zusammenarbeit mit den Forschern Prof. Alexander Bismarck und Anne Zhao von der Universität Wien. Unsere gemeinsame Faszination für das Potenzial von Pilzen in der Modeindustrie verband uns schon seit Beginn meiner Bachelorarbeit, in der ich die theoretischen Grundlagen für genau solche Innovationen erforschte.
Der Anlass war aufregend: Ein Fernsehauftritt für den ORF! Ich wurde eingeladen, gemeinsam mit Prof. Alexander Bismarck und Materialforscherin Anne Zhao von der Universität Wien über ihre bahnbrechende Innovation zu sprechen – ein Pilzleder (eine Textilie auf Pilzbasis), das nicht nur nachhaltig ist, sondern auch das Potenzial hat, die Modeindustrie zu verändern. Dass ich als erste Designerin ein Kleidungsstück, eine Corsage, aus genau diesem vielversprechenden Material fertigen durfte, das Prof. Bismarck und Anne Zhao entwickelt haben, erfüllte mich mit Stolz und großer Freude.
Die Krönung dieser Kollaboration war dann die Würdigung unserer gemeinsamen Arbeit in einem Beitrag des ORF, in dem sowohl das innovative Pilzleder als auch meine daraus gefertigte Corsage vorgestellt wurden. Es war eine unglaubliche Erfahrung, vor der Kamera über die Verarbeitung dieses zukunftsweisenden Materials und die Vision dahinter zu sprechen.
Der Beitrag wurde ursprünglich am 13. Februar 2025 in der ORF-Sendung ‘konkret’ ausgestrahlt und ist nun auf dem YouTube-Kanal des ORF verfügbar: Mushroom Muse in ORF
Die Materialrevolution: Pilzleder als nachhaltige Alternative
Das Video gibt einen spannenden Einblick in die Arbeit des Wiener Forschungsteams: Sie stellen aus herkömmlichen Champignons eine umweltfreundliche Alternative zu tierischem Leder her. Die Notwendigkeit dafür ist drängend, denn die konventionelle Lederproduktion ist mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden – von dem enormen Wasserverbrauch bis hin zum Methanausstoß in der Tierhaltung, der unser Klima nachweislich stärker belastet als CO2, ein Punkt, der auch im Beitrag hervorgehoben wird. Es ist Teil meiner Verantwortung als Designerin, hier genau hinzusehen und nach besseren Wegen zu suchen
Pilze hingegen sind wahre Naturwunder mit einer beeindruckenden Ökobilanz. Sie wandeln Holz oder Lebensmittelabfälle in CO2 und wertvolles Pilzmaterial um und weisen so einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck auf. Ihr genügsames Wachstum, bei dem sie nur wenig Wasser benötigen und – wie im Beitrag dargestellt – sogar ihre eigene Wärme erzeugen, ist ein faszinierendes Beispiel für einen ressourcenschonenden Kreislauf – ein Prinzip, das auch meiner “Less-Waste” – Schnittphilosophie zugrunde liegt.
Vom Pilznetzwerk zur textilen Haut: Ein Blick in die Werkstatt von Natur und Wissenschaft
Doch wie wird aus einem Pilz ein Material, das sich nicht nur anfühlt wie Leder, sondern auch dessen ästhetische Qualitäten besitzt? Der Beitrag nimmt uns hier mit auf eine spannende Reise. Die Wissenschaftler nutzen die Fruchtkörper der Pilze selbst. In einem sorgfältigen Prozess wird die Pilzsubstanz unter anderem mit Natronlauge gekocht, um unerwünschte Proteine und wasserlösliche Bestandteile zu entfernen. Nach mehreren Filtervorgängen entsteht eine feine, lederähnliche Pilzhaut. Diese wird dann getrocknet und gepresst, um die gewünschte Dichte und Textur zu erreichen.
Als Designerin mit Erfahrung im Färben mit Pilzen und anderen natürlichen Pigmenten schätze ich den Färbeprozess besonders, da er natürliche Ästhetik und umweltfreundliche Verfahren vereint. Statt auf potenziell toxische Chemikalien, die oft bei der konventionellen Lederfärbung zum Einsatz kommen, setzt das Team auf die Kraft der Natur – zum Beispiel auf Kurkuma. Das fertige Pilzleder ist somit nicht nur eine optische und haptische Alternative, sondern am Ende seines Lebenszyklus auch biologisch abbaubar und kann einfach kompostiert werden.
Eine persönliche Ehre: Das erste Design aus Wiener Pilzleder
Es war für mich nicht nur eine große Freude, sondern eine wirkliche Ehre, als erste Designerin ein Kleidungsstück aus diesem spezifischen, in Wien entwickelten Pilzleder zu fertigen. Die Corsage, die Du ebenfalls im ORF-Beitrag bewundern kannst und von mir getragen wurde, ist für mich mehr als nur ein Modestück. Sie ist ein Symbol für die Verbindung von Forschung und Handwerk, von Innovation und zeitloser Ästhetik. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, die praktische Anwendung meiner Bachelorarbeit, die Essenz meiner Forschung, buchstäblich in den Händen zu halten und in eine feminine Silhouette zu verwandeln.
Die Verarbeitung dieses neuartigen Materials unterscheidet sich natürlich von traditionellen Stoffen. Und genau darin liegt der Reiz für mich: neue Wege zu gehen, die Grenzen des Machbaren auszuloten und die einzigartigen Eigenschaften des Materials nicht als Hürde, sondern als Inspiration zu begreifen. Es geht darum, mit Liebe zum Detail und handwerklichem Geschick das Beste aus dem Material herauszuholen und Kreationen zu schaffen, die nicht nur schön, sondern auch bedeutsam sind.
Die Zukunft ist Fungi: Ein Ausblick auf eine nachhaltigere Mode
Die Entwicklung von Pilzleder steht noch am Anfang, und das Forschungsteam arbeitet kontinuierlich daran, gewünschte Eigenschaften wie Reißfestigkeit und Wasserresistenz weiter zu optimieren. Doch das Potenzial ist immens und unglaublich inspirierend. Materialien wie dieses sind nicht nur eine Antwort auf die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit, sondern eröffnen uns Designer:innen auch völlig neue ästhetische und funktionale Möglichkeiten und erlauben es uns, Mode zu schaffen, die eine Geschichte erzählt.
Meine Reise nach Wien und die Zusammenarbeit mit Prof. Alexander Bismarck und Anne Zhao haben mich einmal mehr darin bestärkt, dass die Fusion von Forschung, Nachhaltigkeit und Design der Weg in eine verantwortungsvollere und gleichzeitig aufregende modische Zukunft ist. Es geht darum, nicht nur Kleidung zu schaffen, sondern Geschichten zu erzählen – Geschichten von Innovation, Respekt vor der Natur und der unendlichen Kreativität, die in ihr verborgen liegt.
Ich lade Dich herzlich ein, diese Reise mit mir gemeinsam fortzusetzen. Erfahre mehr darüber, wie innovative Materialien unsere Kollektionen prägen und wie wir gemeinsam eine bewusstere Modewelt gestalten können.